In der medizinischen Versorgung von tracheotomierten und laryngektomierten Patienten spielt das Trachealkanülenmanagement eine entscheidende Rolle. Besonders herausfordernd ist die gleichzeitige Behandlung einer Dysphagie, einer Schluckstörung, die oft bei Patienten mit neurologischen Erkrankungen auftritt. In unserem jüngsten Online-Seminar haben wir diese Themen eingehend behandelt und wertvolle Informationen und Empfehlungen bereitgestellt, die wir in diesem Blogbeitrag zusammenfassen möchten.
In diesem Blogbeitrag werden wir die wichtigsten Aspekte des Trachealkanülenmanagements in Verbindung mit einer neurogenen Dysphagie beleuchten. Wir werden uns auf die evidenzbasierte S1-Leitlinie „Neurogene Dysphagie“ der Deutschen Gesellschaft für Neurologie in Zusammenarbeit mit der Deutschen Gesellschaft für Dysphagie konzentrieren, die für die Behandlung von Patienten mit neurologischen Erkrankungen von Bedeutung sind. Zudem werden wir die Diagnostik und Therapieempfehlungen für diese Patientengruppe diskutieren.
Die Frage, ob wir medizinische Leitlinien wirklich benötigen, lässt sich klar mit einem „Ja“ beantworten. Leitlinien gewährleisten, dass alle Patienten, unabhängig von ihrem behandelnden Arzt oder Therapeuten, die gleiche qualitativ hochwertige Versorgung erhalten. Sie basieren auf den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen und stellen sicher, dass die Behandlungsansätze relevant und effektiv sind, und fördert die interdisziplinäre Zusammenarbeit. Dabei liefert die Leitlinie fundierte Empfehlungen zur Diagnostik und Behandlung von Dysphagien, die durch verschiedene Ursachen bedingt sind. Jedoch liefert diese lediglich eine Empfehlung und ist nicht rechtlich bindend.
Dysphagie bezeichnet Schwierigkeiten beim Schlucken, die durch verschiedene Ursachen, einschließlich neurologischer Erkrankungen, hervorgerufen werden können. Bei tracheotomierten Patienten kann die Dysphagie durch eine reduzierte sensorische Wahrnehmung und die Auswirkungen der Tracheotomie auf die Schluckmechanik verstärkt werden.
Ein entscheidender Aspekt beim Schlucken ist das sensorische Feedback, das eine gute motorische Bewegung ermöglicht. Bei tracheotomierten Patienten kann der Luftstrom, der durch die oberen Atemwege geleitet wird, beeinträchtigt sein. Dies hat zur Folge, dass der sensorische Kortex nicht ausreichend aktiviert wird, was wiederum den motorischen Kortex beeinflusst und die Effizienz der Schluckbewegungen verringert.
Die Diagnostik bei Patienten mit Dysphagie und Trachealkanülen sollte umfassend sein und verschiedene Methoden berücksichtigen. Dazu gehören unter anderem:
Bevor dekanüliert wird, sollte der Patient dauerhaft spontan atmen können und nicht mehr invasiv beatmet werden müssen.
Das Schlucken als Dekanülierungskriterium, bezieht sich nur auf das sichere Schlucken von Speichel.
Ein mögliches standardisiertes Protokoll zur Evaluation der Schluckfunktion ohne das Risiko einer Aspiration ist das von Warnecke et al. (2013).
Neben der guten Kontrolle des oropharyngealen Sekrets ist die Kontrolle des Bronchialsekrets wichtig.
Diese können helfen, den Luftstrom durch die oberen Atemwege zu regulieren und das sensorische Feedback zu verbessern.
Laut S1-Leitlinie kann eine endgültige Dekanülierung vorgenommen werden, wenn eine kontinuierliche Entblockungszeit von 24–28 h mit Verschlusskappe ohne Komplikationen toleriert wird.
Durch die Verwendung von Sprechventilen kann die Stabilität des Rumpfes positiv beeinflusst werden, so die Atmung verbessern, was sich ebenfalls auf die Schluckfunktion auswirkt.
Die Behandlung von Dysphagie bei tracheotomierten Patienten sollte individuell angepasst werden und in Absprache mit dem behandelnden ärztlichen Personal erfolgen. Zu den empfohlenen Ansätzen gehören:
Die Verbindung zwischen Dysphagie und Trachealkanülenmanagement ist ein komplexes, aber wichtiges Thema in der Patientenversorgung. Durch evidenzbasierte Ansätze und den Austausch von Wissen können wir die Lebensqualität unserer Patienten erheblich verbessern.
Die Empfehlungen der S1-Leitlinien zur Behandlung von Dysphagie bei Patienten mit neurologischen Erkrankungen sind von großer Bedeutung. Sie bieten eine wertvolle Orientierung für Fachkräfte, fördern die interdisziplinäre Zusammenarbeit und tragen dazu bei, den Versorgungsstandard zu optimieren.
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